Habe Mut, dreckig zu werden

Natalies Rad sah auf den ersten Blick gar nicht so schlecht aus. Sie kam zu uns, weil das Hinterrad ernorm schwergängig war. Es gab zwei Stellen, an denen der Mantel an Teilen schleifte, aber das konnte nicht der Grund sein. Das Hinterrad verhielt sich wie ein Mühlstein und brauchte genauso viel Kraft um bewegt zu werden: Uff, das ist ernst, dachte ich.

Wenn aussen alles unauffällig ist, dann zerlegen wir es halt, um die Ursache zu finden. Ich erkläre Natalie kurz die Lage und was zu tun ist – und sie macht sich ans Werk. Ich werde abgelenkt von jemand anderem, komme Minuten später zurück und – zack – Hinterrad ist ausgebaut, Klickbox der Nabenschaltung ist richtig demontiert, die Kette hängt ordentlich über dem Ausfallende. Respekt!

Dann wird es fummelig, weil uns das passende Werkzeug fehlt. Also übernehme ich diesen Teil der Arbeit und löse die Konterschrauben für die Einstellung der Lager, entferne sie von der Achse. Wir heben die Kappe mit der Drehmomentstütze ab und uns sehen die Folgen eines Gemetzels. Ich erkläre Natalie, was wir sehen: Das Kugellager existiert nicht mehr. Die Kugeln sind frei verteilt, Reste des Käfigs staken aus der klebigen fettigen schwarzen Masse heraus. Bertholt kann uns zeigen, wie es richtig aussieht, weil er gerade an einer anderen Nabenschaltung arbeitet.

Bertholt zeigt gutes Kugellager

„Schau, Natalie, die Kugeln sehen noch erträglich aus, wenn Du sie sauber machst. Das da ist die Lauffläche des Lager. Die sieht auch noch brauchbar aus. Eigenlich ist das hier ein Totalschaden, aber wenn Du alles gründlich sauber machst und ordentlich einfettest, dann kannst Du wenigstens nach Hause fahren.“ Waschbenzin, Lappen, Lagerfett … Sie macht sich die Hände so richtig dreckig.

Natalie reinigt Kugeln des Lagers

Natalie braucht ein neues Hinterrad, da beisst die Maus keinen Faden ab. Wir können nicht zaubern. Wir können auch keine Garantie geben, dass Dein Rad besser vom Platz rollt, als es draufgerollt ist. Wenn Du so eine Gewissheit möchtest, dann geh‘ zu einer Fachwerkstatt, zahle und sei glücklich.

Was wir Dir garantieren ist dies: Wir reden mit Dir und sind ehrlich dabei. Wir haben kein Interesse daran, Teile oder neue Leezen zu verkaufen. Wir denken, dass es bessser ist zu reparieren, statt komplette Komponenten auszutauschen. Wir denken, dass es gut ist, wenn Du verstehst, wie Dein Rad funktioniert. Und wenn Du verstehst, wie etwas funktioniert, dann kann ein „Experte“ Dir keinen Bären aufbinden.

Wir nehmen uns Zeit für Dich, Dein Rad und die nötigen Erklärungen. Rechne damit, dass wir uns gemeinsam die Hände dreckig machen. Am Ende wirst Du hoffentlich selbstständiger und damit freier.

Bis zum nächsten Mal am 29.06.2024. Ich freu mich drauf 🙂

Bin-ich-ölig-bin-ich fröhlich Matthias

Restauration statt Neukauf: Stadtfahrrad

Zu aufwendig für einen Samstagnachmittag, aber genau unser Ding: Fahrradrestauration. Adrians aktuelles Projekt.

Ich kann mich wirklich nicht beklagen, kein funktionierendes Fahrrad zu haben. 5 Stück zählt die Sammlung im Moment und nimmt meinen kompletten Keller in Beschlag. Aber mit Abstand am meisten genutzt ist mein Stadt-, Bahnhofs- und Alltagsrad. Und das sieht man auch.

 

Ich hatte immer wieder kleine Reparaturen vorgenommen: Kette geölt, Rostestellen punktuell geschliffen und lackiert um den Verfall zu verzögern. Aber das reicht nicht für einen dauerhaften Erhalt. Also habe ich mir ein neues Ziel gesetzt:
Das Rad komplett neu aufbauen und den Rahmen neu lackieren.

Ich werde das Projekt Schritt für Schritt hier beschreiben und dabei immer die Dauer der Arbeitsschritte angeben. Außerdem nenne ich die Kosten und gebe auch kostengünstige Alternativen an.

Schritt 1: Demontage

Am Anfang steht immer die Demontage. Ich hatte mir dafür 2 Stunden vorgestellt, geworden sind es leider 4…
Folgende Teile kann ich erhalten:

  • Rahmen
  • Gabel
  • Cockpit mit Vorbau und Lenker
  • Griffe
  • Bremsanlage
  • Schaltung (werde ich aber durch eine andere ersetzen)
  • Kurbelgarnitur
  • Räder (Felgen, Naben und Speichen) wird teilweise ersetzt

Nicht mehr erhaltenswürdig:

  • Ritzel
  • Kettenblätter
  • Kette
  • Kettenschutz

Das Tretlager war eigentlich erst 1 Jahr alt. Da diese häufig sehr fest sitzen habe ich das durch eine Fachwerkstatt machen lassen. Dachte ich. Leider war dieses so fest (vermutlich sehr fest angezogen) und verrostet (reichlich Fett hätte das verhindert). Allein dieses Teil ist dafür verantwortlich, dass ich 2 Stunden länger gebraucht habe. Einzig rohe Gewalt und die Metallsäge haben geholfen

Aufgesägte Tretlagerschale

Das Ergebnis: Ein einzelner Fahrradrahmen bereit zum Entlacken und Sandstrahlen

Schritt 2: Entlacken und Sandstrahlen

Dieser Schritt ist komplett optional. Von Hand schleifen und lackieren bzw. teillackieren würde es auch tun.